Česká Kamenice
(Böhmisch Kamnitz)
Ansicht der Stadt vom Gipfel der Jehla (Nolde).
Foto: Jiří Kühn.
Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) ist eine altehrwürdige Stadt mit einer reichen Geschichte, die im Tale des Flüsschens Kamenice etwa 15 km östlich von Děčín (Tetschen) liegt. Sie ist umgeben von malerischen bewaldeten Bergen des Lausitzer Gebirges, der Böhmischen Schweiz und des Böhmischen Mittelgebirges.
Die Stadt hat heute etwa 5600 Einwohner, zu ihr gehören auch die Orte Pekelský Důl (Höllegrund), Dolní Kamenice (Nieder-Kamnitz), Filipov (Philippsdorf), Huníkov (Henne), Horní Kamenice (Ober-Kamnitz), Kamenická Nová Víska (Kamnitzer Neudörfel), Kerhartice (Gersdorf) und Líska (Hasel).
Geschichte
Blick auf das Stadtzentrum vom Turme der St. Jakobskirche.
Foto: Jiří Kühn.
Česká Kamenice entstand in einer waldreichen Gegend, die vielleicht bereits im 11. Jahrhundert von den Lausitzer Sorben bewohnt war. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts kamen deutsche Kolonisten her, die an der Stelle der Kreuzung der alten Böhmisch-Lausitzer Handelsstrasse mit dem Flüsschen Kamenice ein gleichnamiges langgestrecktes Waldhufendorf gründeten. Unter der Regierung König Přemysl Ottokar II. (1253-1278) wurde der mittlere Teil dieses Dorfes zur Stadt erhoben und aus den Teilen an beiden Rändern entstanden später die Ansiedlungen Horní und Dolní Kamenice (Ober- und Nieder-Kamnitz). Kamenice war ursprünglich eine königliche Stadt, aber König Václav (Wenzel) II. (1278-1303) schenkte sie Jan z Michalovic (Johann von Michelsberg) aus dem Geschlechte der Marquartinger als Belohnung für seine treuen Dienste. Er schloss die Stadt der Herrschaft Scharfenstein an, deren Sitz sich auf der Burg Scharfenstein unweit von Benešov nad Ploučnicí (Bensen) befand. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Verwaltung des östlichen Teiles der Herrschaft, zu der auch Kamenice gehörte, auf die Burg Falkenstein bei Jetřichovice (Dittersbach) und noch vor 1406 auf die nahe Burg Fredewald übertragen.
Das erste glaubwürdige Dokument über Česká Kamenice stammt erst aus dem Jahre 1352, als es bereits ein befestigtes Städtchen mit einer eigenen Pfarrkirche war. Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts haben wir schon mehr Nachrichten über Česká Kamenice, weil sich aus dieser Zeit das historisch und künstlerisch wertvolle Stadtbuch erhalten hat, das neben den Stadtbüchern von Praha (Prag) und Nový Bydžov (Neu Bydschau) eines der ältesten in Böhmen ist. Das Buch wurde am 27. August 1380 unter Johann (Jan) III. von Michelsdorf begonnen und wurde bis zum Jahre 1516 geführt. Die Stadt Kamnitz richtete sich nach dem Leitmeritzer Stadtrecht und hatte zuerst einen Erbrichter, seit 1380 wurde sie aber von einem Rat verwaltet, dem ein Bürgermeister vorstand. Die ersten nachgewiesenen Stadtprivilegien stammen aus dem Jahre 1383; in ihnen verlieh Johann III. den Bürgern von Česká Kamenice, Chřibská (Kreibitz) und den umliegenden Dörfern das Heimfallrecht, nach dem das Eigentum der Verstorbenen ihre Verwandten bis in die dritte Generation erben konnten. Im Jahre 1394 erhielten die Besitzer der in der Stadt damals stehenden 67 Häuser das Braurecht und wurden von der Robot befreit. Im gleichen Jahre wurden auch die Privilegien der Scharfschützenbrüderschaft erteilt. Die Stadtbürger hatten ausserdem das Bier- und Weinschankrecht, durften ein städtisches Badehaus betreiben und Jahrmärkte abhalten. Im 15. Jahrhunderte hatte Česká Kamenice neben des Wochenmärkten auch 2 Jahrmärkte und den Salzhandel, Privilegien, die auch von den Wartenbergern nach dem Jahre 1541 erneuert wurden. Die Stadt hatte auch die peinliche Gerichtbarkeit, die bis 1765 auf dem Šibeniční vrch (Galgenberg) nördlich der Stadt vollführt wurde.
Blick vom Turm der Jakobskirche über die obere Vorstadt zum Felsen Jehla (Nolde).
Foto: Jiří Kühn.
Im Jahre 1406 verkaufte Johann III, von Michelsberg die Herrschaft Scharfenstein
an Hynko Berka von Dauba, dessen Söhne sich die Herrschaft teilten; den Teil
Kamenice bekam Johann Berka von Dauba. In den 20er Jahren wurde die Stadt einige
Male von einer hussitischen Besatzung besetzt und 1428 kaufte die ganze Herrschaft
Siegmund von Wartenberg, der sie an Děčín anschloss. Siegmund beteiligte sich
an den Raubzügen in die Lausitz und die Sechstädte belagerten deshalb 1440 seine
Burg Fredewald, eroberten und vernichteten sie.
Siegmund selber wurde kurz danach gefangen genommen und in Jindřichův Hradec
eingekerkert, wo er auch gestorben ist. Da aber seine Söhne Johann und Heinrich
die Raubzüge fortsetzten, führten im Jahre 1444 die Sechsstädte einen Feldzug
gegen die Burgen und Städte der Wartenberger in Nordböhmen durch. Dabei wurde
auch Česká Kamenice mit der nach der Vernichtung der Burg Fredewald aufgebauten
Burg Kamenický hrad (Burg Kempnitz) erobert
und verbrannt. Die grossen Kosten der Kriegsführung zwangen 1450 endlich Johann
von Wartenberg, mit den Sechsstädten Frieden zu schliessen.
Im 16. Jahrhundert sank die Macht der Wartenberger allmählich und im Jahre 1511
kaufte Mikuláš Trčka z Lípy die ganze Herrschaft. Von ihm kauften sie im Jahre
1515 die Herren von Salhausen aus Meissen, unter deren Herrschaft sich hier
der Protestantismus verbreitete. Im Jahre 1522 teilten die Herren von Salhausen
die Herrschaft Děčín (Tetschen) und den Scharfensteiner Teil mit Kamenice bekam
Friedrich von Salhausen. 1535 kam der Kamnitzer Teil der Herrschaft als Mitgift
an seine Tochten Anna von Salhausen, die Prokop von Wartenberg heiratete, wodurch
es zur endgültigen Abtrennung der Kamnitzer Herrschaft vom Scharfenstein kam.
Die Wartenberger bauten sich dann in der Stadt ein Schloss, von dem aus sie
die Kamnitzer Herrschaft bis 1614 verwalteten; in diesem Jahre erwarb sie Radslav
Kinský von Vchynice. Nach seinem Tode im Jahre 1619 bekam die Herrschaft Wilhelm
Kinský, der aber im Jahre 1634 zusammen mit Albrecht von Waldstein in Cheb (Eger)
ermordet wurde. Die Kamnitzer Herschaft übernahm dann Jan Oktavián Kinský aus
dem Zweige Chlumec dieser Familie und in den Händen seiner Nachkommen blieb
die Herrschaft bis zur Verwaltungsreform im Jahre 1850.
Im Dreissigjährigen Kriege (1618-1648) waren einige Male in
der Stadt österreichische Truppen untergebracht, die hier im Jahre 1634 einen
grossen Stadtbrand verursachten. Zehn Jahre später wurde die Stadt von den Schweden
heimgesucht. Die Stadt überstand aber diesen Krieg ziemlich gut, denn im Jahre
1654 wurden von den hiesigen 207 Häusern nur 7 als wüst angeführt. Nach der
Schlacht am Weissen Berge im Jahre 1620 wurde mit der Rekatholisierung begonnen,
die aber konsequent erst nach dem Ende des Dreissigjährigen Krieges durchgesetzt
wurde. Die Unzufriedenheit mit der neuen Herrschaft, die Verschärfung der Untertänigkeit
zusammen mit dem religiösen Zwange führten bereits im Jahre 1625 zu einem Bauernaufstand
gegen Otto Heinrich von Wartenberg. Die Aufständischen überfielen seinen Sitz
im Roten Hofe in Markvartice (Markersdorf), erstürmten ihn und töteten ihren
Herren und seine Gemahlin. Auch an den Bauernaufständen von 1680 und 1775 nahmen
die Einwohner von Česká Kamenice teil.
In der Umgebung der Stadt wurde auch im Siebenjährigen Kriege (1756-1763) gekämpft.
An die Schlacht zwischen den preussischen und österreichischen Einheiten, die
sich im Juli 1757 am Fusse des Studenec (Kaltenberg)
abspielte, erinnern bis heute die Denkmäler bei Studený
(Kaltenbach), Líska (Hasel) und im Sattel
U křížového buku (An der Kreuzbuche). Auch in den Napolenischen Kriegen in
den Jahren 1809 und 1813 und im preussisch-österreichischen Kriege im Jahre
1866 zogen militärische Einheiten durch die Stadt.
Die Stadt litt aber nicht nur unter den kriegerischen Auseinandersetzungen.
In den Jahren 1656, 1677 und 1753 wurde sie von grossen Überschwemmungen heimgesucht,
die Pest im Jahre 1713 forderte 63 Opfer. Im August 1778 wurden von preussischen
Soldaten die Schwarzpocken eingeschleppt, von denen etwa 600 Einwohner starben.
Im gleichen Jahre brach eine Feuersbrunst aus, bei der 38 Häuser und die untere
Mühle verbrannten. Noch in den Jahren 1848 - 1855 wüteten Typhus-, Ruhr- und
Choleraepidemien in der Stadt.
Trotzdem aber wuchs die Stadt stetig und gewann durch die Entwicklung des Handwerkes an Bedeutung. Vielleicht die älteste Handwerksstätte in Česká Kamenice war die Mittlere Mühle, die bereits im Jahre 1389 nachgewiesen ist. Seit 1426 fingen sich die Zünfte an zu organisieren. Die ersten Zünfte gründeten die Wagner, Schmiede, Schlosser und Fleischhauer, etwas später die Bäcker und allmählich kamen noch andere Handwerke dazu. Im 17. Jahrhundert erschienen in der Stadt auch die ersten glasveredelnden Handwerke. Zu dieser Zeit war Česká Kamenice eine verhältnismässig grosse Stadt und nach dem Abschluss des Baues des Schlosshofes und der Marienkapelle wurde sie zu einer repäsentativen Barockstadt.
Die Industrie entwickelte sich voll erst in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts. Schon im Jahre 1834 wurde die Papierfabrik in Horní
Kamenice (Ober-Kamnitz) gegründet, die wichtigste Rolle spielte aber die
Textilindustrie. Nach 1855 entstanden hier einige Webereien und Spinnereien,
unter denen die Manufakturen des Kamnitzer Grossindustriellen Franz Preidl einen
bedeutenden Platz einnahmen. Ausserdem war hier z. B. auch eine Strickwaren-Fabrik,
einige lederverarbeitende Betriebe, eine Maschinenfabrik mit eigener Eisengiesserei,
eine Möbelfabrik, aber auch 7 Glasraffinerien und ein Glassexportgeschäft.
Die industrielle Entwicklung wurde unterstützt durch die im Jahre 1869 erfolgte
Eröffnung der Bahnstrecke von Děčín (Tetschen) nach Varnsdorf (Warnsdorf), der
im Jahre 1886 die Anschlussstrecke nach Kamenický Šenov
folgte; diese wurde 1903 bis nach Česká Lípa (Böhmisch Leipa) verlängert.
Im Jahre 1894 wurde in Česká Kamenice die städtische Wasserleitung eröffnet,
die ihr Wasser aus den Quellen der Umgebung des Pustý
zámek (Wüstes Schloss) bezog, und 1900 nahm das städtische Elektrizitätswerk
seinen Betrieb auf. Im Jahre 1910 erreichte die Stadt Česká Kamenice mit 4971
Einwohnern ihre maximale Grösse.
Im Zweiten Weltkriege wurde in dem unweit von hier gelegenen
Rabštejn ("Rabenstein") eine unterirdische
Fabrik des Bremer Flugzeugkonzernes Weser gebaut, an den auch ein Konzentrationslager
angeschlossen war. Kurz vor Kriegsschluss errichteten die Nazis in der Umgebung
der Stadt einige Arbeitslager für Kriegsgefangene. Noch am 8. Mai 1945 wurde
Česká Kamenice bombardiert, aber die Stadt erlitt dabei keine grösseren Schäden.
Zerstört wurde nur die Gaststätte "U slunce" (Zur Sonne) und der Dělnický
dům ("Haus der Arbeiter").
Nach dem Kriege wurden die deutschen Einwohner zum grössten Teil ausgesiedelt
und die Einwohnerzahl der Stadt sank auf weniger als die Hälfte. Die konfiszierten
Besitzungen übernahmen die sog. Nationalverwalter und der grösste Teil der Geschäfte,
Gasthäuser und ein Teil der Industriebetriebe wurde geschlossen. Die unbewohnten
Häuser verfielen allmählich und einige von ihnen mussten später abgerissen werden.
Darunter befand sich auch das ursprünglich gotische Bad und einige andere Gebäude
mit Denkmalswert.
Da sich die Stadt nach dem Kriege nicht besonders weiterentwickelte, wurde ihr
Zentrum nicht allzuviel von Demolierungen und dem Bau von Grossblockhäusern
betroffen und hat sich daher bis heute seinen altehrwürdigen Charakter erhalten
können. Im Jahre 1992 wurde in Česká Kamenice eine städtische Denkmalszone ausgewiesen,
deren wichtigste Bestandteile neben dem erhalten gebliebenen Stadtzentrum mit
seinen engen Gassen und alten Häusern auch die Dominanten der beiden Kirchen
und eine Reihe Vorstadthäuser in Holzbohlenbauweise sind.
Denkmäler und Merkwürdigkeiten
Das Südtor mit dem Verbindungsgang vom Schloss zur Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Das historische Stadzentrum entstand auf einer verhältnismässig kleinen Fläche
am Flüsschen dort, wo sich die nord-südliche Landstrasse mit der west-östlichen,
die Stadt mit Horní und Dolní Kamenice
(Oberkamnitz und Niederkamnitz) lokalen Verbindungsstrasse kreuzte.
Die Stadt war früher von Stadtmauern umgeben und hatte vier Tore, von denen
sich bis heute nur das südliche, das Schlosstor (Zámecká brána) erhalten
hat. Das Nordtor (das Kunersdorfer Tor) wurde bereits im Jahre 1577 von einer
Überschwemmung weggerissen, das Obere (Steinschönauer) Tor hatte man im Jahre
1605 bei der Ausbreitung der Stadt um etwa 70 m weiter nach Osten verschoben,
aber in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es zusammen mit dem Unteren
(Tetschener) Tor beim Ausbau der Strasse abgerissen.
Kirche St. Jakob d. Grösseren.
Foto: Petr Kühn jun.
Am Südrande des Stadtkerns steht die Kirche zum hl. Jakob dem Grösseren,
deren Grundmauern aus dem 14. Jahrhundert stammen. Im Jahre 1444 wurde die alte
Kirche von den Lausitzern angezündet, sie wurde aber bald erneuert und ist dann
im Jahre 1562 neuerdings umgebaut worden. Den grossartigsten Umbau führte in
den Jahren 1603-1605 der hiesige Baumeister Peter Patzenhauer im spätgotischen
Stile durch. Aus diesen Jahren stammt das heutige, mit einem fünfeckigen Presbyterium
abgeschlossene dreischiffige Langhaus mit seinem in achteckige Pfeiler auslaufendem
Netzgewölbe. In den Ostteil des Schiffes wurden vor 1910 steinerne Nebentribünen
mit blinden Arkaden und Engelsköpfen eingebaut, an deren Brüstungen der Meissner
Steinmetz Valtin Wollde die Wappenschilde der Rittergeschlechter von Michalsberg,
von Wartenberg, von Schönfeld, von Salhausen und der mit den Wartenbergern verwandten
Geschlechtern von Coreth, von Kolowrat, von Schlick und der Herren von Weitmühl
abbildete. Bemerkenswert ist auch der Chor, dessen unterer Teil mit Reliefen
im Renaissancestil geschmückt ist und der barocke Oberteil auf einem Kreuz-
und Sterngewölbe aufgebaut ist. In dem kreuzgewölbten Eintrittsraum steht ein
ursprüngliches gotisches Portal mit einem Eckpfeiler. Die an beide Seiten der
Kirche angebauten barocken Sakristeien stammen aus dem 18. Jahrhundert.
An der Südwestecke der Kirche steht der 46 m hohe viereckige Turm mit Umgang,
der vom Baumeister Seiffert 1552-1555 erbaut wurde. Ursprünglich war er als
Wachtturm Bestandteil der Stadbefestigung und erst beim Umbau der Kirche im
Jahre 1605 wurde er als Glockenturm in die Kirche einbezogen. Im Jahre 1792
wurde die Kirche durch einen erhöhten gedeckten Gang mit dem benachbarten Schloss
verbunden.
Innenansicht der Kirche zum hl. Jakob dem Grösseren.
Foto: Jiří Kühn.
Die Inneneinrichtung stammt zum grössten Teil aus dem 18. Jahrhundert. Der klassiziste
Säulen-Hochaltar aus dem Ende des 18. Jahrhundert ist mit Statuen der hl. Apostel
Petrus und Paulus und mit einem Altarbild der Enthauptung des hl. Jakobs vom
Schluckenauer Maler Dominik Kindermann aus dem Jahre 1797 ausgestattet. Aus
der gleichen Zeit stammt auch die Kanzel und die beiden klassizistichen Seitenaltäre
des Herzens Jesu und der Jungfrau Maria. Auf Konsolen stehen eine Pieta, eine
Rokoko-Jungfrau Maria unter dem Kreuze und Standbilder des hl. Thomas, hl. Antonius,
hl. Andreas, hl. Johann von Nepomuk, hl. Laurentius und hl. Florian. Ausserdem
ist hier in einem geschnitzten Rokokorahmen ein Bild der Jungfrau Maria aus
dem Jahre 1762, ein Bild des hl. Johann des Täufers aus der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts in einem klassizisten Rahmen und auf einem Seitenaltar ein
Bild des Todes des hl. Josef vom Maler J. Schmidt aus Krems (Kremserschmidt).
Bemerkenswert ist auch ein barockes geschnitztes Taufbecken aus dem zweiten
Viertel des 18. Jahrhunderts.
Im Altarraum sind bemerkenswerte Wandmalereien aus dem Jahre 1605 mit Bibelszenen
(Verwandlung Christi auf dem Berge Tabor, Taube, Moses und Elias, die Apostel
Jakobus, Johannes und Petrus, die vom Tetschener (Děčín) Maler Hans Teufel stammen
sollen. Schön sind auch die spätgotischen Farbenfenster Herz Jesu und Herz Mariä,
die der Kirche vom Glasindustriellen Valentin Schürer aus Falknov
(Falkenau) geschenkt worden sind.
In die Innenwände der Kirche wurden die Grabsteine des Geschlechtes der Wartenberger
eingesetzt, die zumeist aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen. Unter ihnen
zeichnet sich besonders das grosse Marmor-Epitaph Christophs von Wartenberg
(† 1537) vom Dresdener Bildhauer Walter aus. Das Relief stellt einen knienden
Ritter mit Wappen dar und gehört zu den schönsten Renaissance-Grabmälern des
16. Jahrhunderts. Auch der Baumeister der Kirche, Peter Patzenhauer, hat hier
seinen Grabstein aus dem Jahre 1611. In der unzugänglichen Gruft befinden sich
8 Särge mit den sterblichen Überresten der Mitglieder der Familie Wartenberg.
Die Dechantei und ehemalige Pfarrschule hinter der Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Unter Naturschutz stehende Eibe an derKirche St. Jakob.
Foto: Jiří Kühn.
Früher war um die Kirche ein Friedhof, von dem nur einige Grabsteine
an der Kirchenmauer erhalten geblieben sind. Im Jahre 1643 wurde der Friedhof
an den Nordrand der Stadt verlegt und nachdem man die Mauer um die Kirche im
Jahre 1833 abgerissen hat, entstand hier der Jakobsplatz.
Hinter der Kirche steht das einstöckige Haus der ehemaligen Pfarrschule,
die nach der zwischen den Fenstern stehenden originalen lateinischen Inschrift
aus dem Jahre 1562 stammt. Im Garten neben dem Nachbarhause wächst eine 11 m
hohe Eibe, deren Alter auf etwa 400 Jahre geschätzt wird. Um das Jahr
1900 wollte man sie fällen, aber durch das Eingreifen des Böhmisch-Leipaer Exkursionsklubs
blieb sie bis heute erhalten.
Gegenüber der Kirche steht das einfache vierflügelige Schloss, das Heinrich
von Wartenberg in den Jahren 1541 - 1543 an der Stelle des alten herrschaftlichen
Meierhofs aufbauen liess. Der älteste Teil des Schlosses ist das grosse zweistöckige
Gebäude an der Westseite, das aber später mehrmals verändert worden ist. Am
Anfange des 17. Jahrhundert wurde von Wilhelm Kinsky ein selbstständiger Südflügel
angebaut, der im Erdgeschoss und im ersten Stock durch vier Renaissance-Pfeilerarkaden
gegliedert ist. In den Jahren 1847-1849 wurde der Südflügel im klassizisten
Stile vom Maurermeister I. Dittrich umgebaut. Die Nordseite des Hofes wird durch
zwei kleinere Gebäude abgeschlossen, von denen eines mit einem steinernen Eingangsportal
mit der Jahreszahl 1796 geschmückt ist Über der Einfahrt auf der Ostseite ist
ein Stein aus dem Jahre 1631 eingesetzt, der eine Inschrift und die Wappen des
Wilhelm Kinsky und seiner Gattin Elisabeth Trčka trägt.
Hinter dem Schloss wurde unter der Leitung von Peter Paul Columbani zwischen
1718 und 1723 ein grosser Meierhof erbaut, zu dem später Graf Kinský ein Bräuhaus
anbauen liess. Südlich vom Schlossgelände sieht man noch die Reste der ehemaligen
ausgedehnten Schlossgärten.
Ansicht des Schlosses vom Turm des Jakobskirche.
Foto: Petr Kühn jun.
Schlosseinfahrt mit den Wappen der Kinsky und Trčka.
Foto: Jiří Kühn.
Detail der zentralen Kapelle mit Heiligenstatuen.
Foto: Jiří Kühn.
In der Nordhälfte der Stadt steht die barocke Wallfahrtskapelle zur Geburt
der Jungfrau Maria, die mit ihrem wunderbaren Statuen- und Bilderschmucke
eines der schönsten Baudenkmäler der weiten Umgebung darstellt. Jakob Schwarz
aus Ústí nad Labem (Aussig) baute sie in den Jahren 1736-39 und stattete sie
mit einem vierflügeligen Kreuzgange mit vier Eckenkapellen, einem Turme über
dem Eingange und vier Gängen, die zur zentral gelegenen Kapelle führen, aus.
Der Eingangsturm mit einem Glockenstuhl und einem Zwiebeldache trägt die Jahreszahl
1749, den Bau des ganzen Kreuzganges beendete aber der Kamnitzer Maurermeister
Jan Jiří Kačinka erst im Jahre 1763.
Die kreisrunde Zentralkapelle ist gekrönt von einer massiven Kuppel, deren Stützpfeiler
mit steinernen Heiligenstatuen geschmückt sind, die zum grössten Teil vom Markersdorfer
Bildhauermeister Johann Wenzel Fügner, einem Schüler des bedeutenden Bildhauers
des Böhmischen Barock, Ferdinand Maxmilian Brokoffs, stammen sollen.
In den Jahren 1883-1885 wurde die Kapelle auf Kosten des Textilindustriellen
Franz Preidel einer weitgehenden Renovierung unterzogen und die Kuppel wurde
dabei innen von Ferdinand Brunetti mit wunderschönen Fresken aus dem Leben der
hl. Jungfrau Maria und der Apokalypse ausgeschmückt.
In der Mitte der Kapelle steht der Rokoko-Hochaltar von Josef Klein aus dem
Jahre 1746 mit einer vergoldeten Statue der Jungfrau Maria, die im Jahre 1680
der Zittauer Bildhauer und Holzschnitzer Christoph Ullrich geschnitzt haben
soll. Die Statue wurde am 1. September 1739 hier aufgestellt und es wurden ihr
wundertätige Kräfte beigelegt, weswegen sie alljährlich von Tausenden von Wallfahrern
aufgesucht wurde. Bemerkenswert sind auch die gemalten Glasfenster und die barocke
Kanzel aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, ein Werk des Bildhauers Josef
Max aus Sloup (Bürgstein).
Hochaltar in der Mitte der Kapelle.
Foto: Jiří Kühn.
Fresken in der Kuppel.
Foto: Jiří Kühn.
In den Eckkapellen der Kreuzganges stehen ein Barockaltar des
hl. Anton von Padua aus dem Ende des 17. Jahrhundert, ein Rokokoaltar der Heiligen
Familie und ein weiterer Altar aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts mit
einem Rokoko-Bildnis des hl. Johann von Nepomuk und Statuen des heiligen Rochus
und Sebastian. Im Kreuzgang befinden sich auch hölzerne Heiligenstatuen aus
der Rokokozeit, von denen die des hl. Thaddäus die bekannteste ist, und eine
Kreuzigungs-Gruppe mit der Jungfrau Maria und dem hl. Johannes.
Der Zugang zur Kapelle wird von einer im Jahre 1813 angepflanzten Allee beschattet.
Im kleinen Park vor dem Eingang steht das im Jahre 1924 gestiftete ehemalige
Denkmal der Gefallenen des Ersten Weltkrieges.
Wallfahrtskapelle zur Geburt der Jungfrau Maria von der Rückseite.
Foto: Jiří Kühn.
Das Innere des Kreuzganges um die Kapelle zur Geburt der Jungfrau Maria.
Foto: Jiří Kühn.
Grabkapelle der Familie Preidl.
Foto: Jiří Kühn.
An der Südwestseite der Kapelle lag der zweite Friedhof von Česká Kamenice, der im Jahre 1643 den ältesten, die Kirche zum hl. Jakob umgebenden Friedhof ersetzte. Heute ist hier ein kleiner Park, denn im Jahre 1922 wurde auch dieser Friedhof aufgelassen und ein dritter am nordwestlichen Stadtrand an der Strasse nach Filipov (Philippsdorf) angelegt. Am Rande des Parkes steht heute nur noch die Begräbniskapelle der Familie Preidl (um 1889) und im hinteren Teile ist das Torso des Denkmals der Gefallenen des Ersten Weltkriges.
Das barocke ehemalige Armenhaus.
Foto: Jiří Kühn.
Hinter der Marienkapelle steht das ehemalige Spital, dessen Bau der Besitzer
der Böhmisch-Kamnitzer Herrschaft Philipp Josef Kinský in seinem Testament anregte.
Sein Bruder Farnz beauftragte den Baumeister Jan Jiří Kačinka mit diesem Bau,
der ihn im Jahre 1749 ausführte. Das einstöckige barocke Haus mit einem Mansardendach
erinnert von aussen an ein malerisches Schlösschen, an dem deutlich der Einfluss
des Leitmeritzer Architekten Octavio Broggio zu erkennen ist. Innen war das
Haus durch 2 m hohe hölzerne Zwischenwände in 24 Kammern eingeteilt, zwischen
denen ein Gang mit einem Kachelofen an jedem Ende bestand.
Zur Zeit der Schwarzpocken-Epidemie im Jahre 1778 diente dieses Haus eine gewisse
Zeit als Spital. Im Zweiten Weltkriege wurde es als Produktionshalle eingerichtet
und es waren hier auch Kriegsgefangene untergebracht. Neben dem Spital stand
früher auf einer kleinen freien Fläche ein aus einigen Basaltsäulen des Panská
skála (Herrenhausberges) bestehendes Denkmal der Opfer der Pockenepidemie
aus dem Jahre 1778. Heute sind davon nur spärliche Überreste übrig gebleiben.
Unweit von hier an der Strasse nach Kunratice (Kunersdorf) steht die im Jahre 1929 nach Plänen des Architekten F. Gruss aus Kraslice (Grasslitz) erbaute evangelische Jesus Christus-Kirche. Dieses rechteckige Gebäude mit einem viereckigen Turme an der Vorderwand war ursprünglich mit gemalten Glasfenstern des Kamnitzer Glasmalers Franz Tschörner ausgeschmückt. In der Kirche befand sich auch ein bemerkenswertes Taufbecken aus Kristallglas. Nach dem Jahre 1945 diente es der evangelischen Kirche und wurde später zu einer Zeremonienhalle eingerichtet.
Das Salhausenschlösschen.
Foto: Jiří Kühn.
Im westlichen Teile der Stadt an der Strasse nach Janská (Jonsdorf) steht das kleine
Salhausen-Schlösschen, das wahrscheinlich im Jahre 1521 von Hans von
Salhausen (Hanuš ze Salhausenu) als Stadtspital erbaut worden ist. Dieses spätgotische
Gebäude mit einem viereckigen Eckturm zeigt den Einfluss der sog. sächsischen
Renaissance mit gotischen Zinnengiebeln. In den Jahren 1871 - 1907 diente es
als Krankenhaus und seit 1911 war in ihm das städtische Museum mit seiner Dokumentensammlung,
vielen Gegenständen der Volkskunst, einer voll eingerichteten Wohnkammer eines
Strumpfwirkers und einem, den berühmten Kamnitzer Landsleuten gewidmeten Raum
untergebracht. Im Jahre 1957 wurde das Museum aufgelöst.
Neben dem Schlösschen steht das ehemalige Spital, das, vom ehemaligen
Dechanten, dem geistlichen Hofrat Augustin Zippe gegründet, im neugotischen
Stile zwischen 1872 und 1880 von der vermögenden Familie Preidl gebaut worden
ist. Im Hause befand sich eine besonders schöne Kapelle mit reich gemalten Fenstern.
Westseite des Marktplatzes mit dem Jugendstil-Hause der Sparkassa.
Foto: Jiří Kühn.
In der Stadt hat sich eine ganze Reihe von bemerkenswerten Häusern erhalten,
von denen manche sogar aus dem 16. Jahrhundert stammen, zum grössten Teile aber
im 19. Jahrhundert umgebaut worden sind. Diese Häuser waren meistens aus Stein,
manche hatten hölzerne Giebel. Die mittelalterliche Bebauung ergänzen die grossen,
zur Hälfte aus Holz gezimmerte, überwiegend barocke Faktoren- und Handwerkerhäuser
mit Mansardendächern, die in der gemauerten Hälfte mit Tür- und Fensterpfosten
aus Sandstein geschmückt sind. In manchen Gassen sieht man auch jüngere Häuser
aus dem Zeitalter des Klassizismus.
An der Nordseite des Marktplatzes steht das Rathaus mit der lateinischen
Inschrift "Palladium Civitatis". Dieses ursprünglich im Renaissancestil erbaute
Haus stammt aus dem Jahre 1493 und bekam beim ersten Umbau im Jahre 1591 zwei
schöne Barockgiebel, die aber beim klassizisten Umbau in den Jahren 1846-47
nicht erneuert worden sind. Über dem Eingange befand sich früher eine Sonnenuhr.
Auf der Ostseite des Marktplatzes steht das Hotel "Slavie", in dessen
Innerem sich drei bemerkenwerte Zeichnungen auf Glas von Karel Hodr befanden.
Am Nachbarhaus ist eine verwitterte Steinplatte mit einem Wappen, der Jahreszahl
1579 und dem heute nicht mehr lesbaren Texte des Psalmes 37,29: "Die Gerechten
erben das Land und werden ewig in ihm leben".
Der Westfront des Marktplatzes dominiert der prunkvolle Sezessions-Bau der Sparkassa
mit der Statue eines Ritters mit dem Schilde. Der Bau wurde 1896 abgeschlossen
und weil in ihm früher ausser der Sparkassa auch die Bezirksvertretung und das
Bürgermeisteramt ihren Sitz hatte und auch die Stadtbibliothek untergebracht
war, hiess man das Haus das "Stadhaus".
Zu den interessanten Häusern am Marktplatze gehört auch das altehrwürdige gotische
Bürgerhaus mit Lauben und einem Stufengiebel an der Ecke der zum Schlosse führenden
Gasse, ein Empire-Haus an der Südseite und ein vollständig umgebautes gotisches
Doppelhaus an der Ecke der zur Marienkapelle führenden Gasse.
In der Mitte des Marktplatzes steht ein barocker achteckiger Brunnen
vom Jahre 1575 mit einer vieleckigen Säule mit einer Statue der Jungfrau Maria
von Meister Ulrich aus Zittau vom Jahre 1680 steht. Nicht weit vom Brunnen war
noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert ein Quarzit-Pflasterstein mit
einem eingegrabenen Hufeisen eingesetzt, der früher zusammen mit anderen solchen
Steinen wahrscheinlich den Raum bezeichnete, in dem bei den Märkten das zum
Verkauf angebotene Vieh gestellt werden durfte.
Der Marktplatz mit dem Rathaus.
Foto: Jiří Kühn.
Südseite des Marktplatzes, im Hintergrund die Kirche.
Foto: Jiří Kühn.
Einstöckiges Umgebindehaus an der Strasse nach Jonsbach.
Foto: Jiří Kühn.
In den Randpartien der Stadt haben sich einige typische volkstümliche Holzbohlen- und Fachwerkhäuser mit Umgebinde erhalten, der Aufmerksamkeit wert sind auch einige Jugenstil-Villen der hiesigen Fabrikanten im nordöstlichen Stadteil oder an der Strasse nach Huníkov (Henne).
Nördlich vom Marktplatz jenseits des Bachbettes steht das prunkvolle Gebäude der Turnhalle von 1895, das heute als Gymnasium und Kulturhaus dient. Im Garten davor stand seit 1893 das steinerne Denkmal des Robert Rochlitz, des Gründers des ersten Feuerwehrvereines in der österreichisch-ungarischen Monarchie.
In der in der Richtung nach Huníkov (Henne) liegenden Vorstadt ist an der Strasse eine Kapelle der hl. Barbara aus dem Jahre 1694, bei der früher eine 4 m hohe Säule der hl. Barbara aus dem Jahre 1621 stand. Die Kapelle war mit einem Relief der Krönung der Jungfrau Maria geschmückt und in einer Nische des Turmes hatte sie ein Standbild der hl. Barbara. Im Jahre 1998 wurde die Kapelle renoviert und am 19. September des selben Jahres neu eingewieht.
Kulturhaus, früher Turnhalle.
Foto: Jiří Kühn.
Am Nordrande der Stadt wurde im Jahre 1868 die Schiessstätte
gebaut, die heute als Altersheim dient. Entlang dem Nordrande der Stadt führt
eine von einer Allee eingefasste Gasse mit einigen unter Naturschutz stehenden
Bäumen, eine andere Lindenallee, früher die Kaiserallee genannt, führt vom Freibad
hierher.
Oberhalb der Schiessstätte ist der flache Hügel Šibeniční vrch (Galgenberg),
auf dessen Gipfel bis zum Jahre 1765 der städtische Richtplatz gewesen sein
soll; in den umliegenden Wäldern war früher ein Naturpark mit vielen Aussichtspunkten,
von denen der Felsen Jehla (Nolde) der bekannteste
ist, eingerichtet.
Unter die lokalen Sehenswürdigkeiten gehört auch die 4,5 km lange Museums-Eisenbahn nach Kamenický Šenov, die ursprünglich die Gesellschaft der Böhmischen Nordbahn (BNB) im Jahre 1886 gebaut hat. Ende September 1979 wurde auf ihr der Personenverkehr eingestellt und im Oktober 1992 wurde angeblich wegen ihrem schlechtem Zustande die Strecke ganz aufgelöst. Im Jahre 1995 hat der "Klub der Freunde der Lokalbahn" ("Klub přátel lokálky") die Bahnstrecke wieder instandgesetzt und seit dem Sommer 1996 wird hier ein Saisonsverkehr mit historischen Eisenbahnzügen unterhalten.
Bedeutende Landsleute und Persönlichkeiten
In Česká Kamenice wurde geboren der berühmte Mathematiker und Konstrukteur astronomischer Uhrwerke Johann Klein (1681-1762), Vorstand des mathematischen Institutes am Prager Klementinum; ausserdem Johann Baptista Pohl (1782-1834), Doktor der Medizin und Professor der Botanik an der Universität zu Prag, der durch seine naturwissenschaftlichen Forschungen in den brasilianischen Urwäldern bekannt geworden ist; ausserdem hat er sich auch als Begleiter Johann Wolfgang Goethes in Böhmen einen Namen gemacht. Zu den bedeutenden Landsleuten gehören auch die Maler Emanuel und Fritz Hegenbarth. Emanuel Hegenbarth (1868-1923) war seit 1903 Professor der Dresdner Kunstakademie und wurde besonders durch seine Bilder mit Dorf- und Tiermotiven aus der dortigen Umgebung bekannt, Josef Hegenbarth (1884-1961) wird als einer der bedeutendsten deutschen Illustratoren des 20. Jahrhunderts bezeichnet und war nach 1945 Direktor der Galerie im Dresdener Zwinger. Beliebter Gegenstand seiner Bilder waren Szenen aus Zirkus-Milieu, später bevorzugte er aber biblische Motive und schuf den Kreuzweg für die Berliner St. Hedwigs-Katedrale.
Aus Česká Kamenice stammte auch der bedeutende Wissenschaftler
und Pfarrer Jakob Frint (1766-1834), der 1827 zum Bischof von St. Pölten
gewählt wurde, und Raimund Klaus (1812-1838), Dichter, Schriftsteller
und Sammler von Volkssagen.
Um den Aufschwung der Stadt hat sich in bedeutsamer Weise der Textil-Industrielle
und Mäzen Franz Preidl (1810-1889) verdient gemacht, der im Jahre 1882
als "Edler von Hassenbrunn" in der Adelsstand erhoben wurde. Die Umgebung der
Stadt hat auf seinen Zeichnungen der akademische Maler und Illustrator Karl
Liebscher (1851-1906) festgehalten. Um die Armenpflege in Kamnitz hat sich
Augustin Zippe (1747-1816), nachmals Rektor des General-Seminars in Prag,
Direktor der theologischen Fakultät in Wien und Hofrat, verdient gemacht.
In ihrer Jugend lebten in Česká Kamenice auch zwei bedeutende Komponisten. Die Jahre 1720-1728 velebte hier der bedeutende deutsche frühklassische Komponist und Opernreformator Christoph Willibald Gluck (1714-1787), dessen Vater Alexander Forstmann auf der hiesigen Herrschaft war. Vom Herbst 1856 bis zum Sommer 1857 besuchte Antonín Dvořák (1841-1904), einer der bedeutendsten tschechischen Komponisten, die hiesige Bürgerschule, um sich hier in der deutschen Sprache zu vervollkommnen. Er wohnte bei Josef Ohm in der heute nicht mehr bestehenden Oberen Mühle in Ober-Kamnitz und vervollkommnete sich auch im Orgelspiel und der Musiktheorie beim Chorleiter und Organisten Franz Hantschke.
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
In de Umgebung der Stadt gibt es viele interessante Stellen.
Direkt über dem Nordrande der Stadt ragt der Aussichtsfelsen der Jehla
(Nolde) steil aus dem Walde, in dem unter ihm der Bratrský
oltář ("Brüderaltar") und die Aussichtsfelsen Ponorka
und Žába (Brandfelsen) verborgen sind. Im Südosten der Stadt erhebt sich
der Zámecký vrch (Schlossberg) mit der Ruine
der Kamnitzer Burg Kempnitz und einem hölzernen
Aussichtsturm. Im Tale hinter ihm liegt Kamenický Šenov
(Steinschönau), an dessen Rande sich das Naturdenkmal Panská
skála (Herrnhausfelsen), das im Inland und Ausland unter der Bezeichung
Čedičové varhany (Basaltorgel) bekannt ist, erhebt. Die reiche Industriegeschichte
von Kamenický Šenov vergegenwärtigt das Glasmuseum, interessant ist auch das
Feuerwehrmuseum im nahen Nový Oldřichov (Ulrichstal).
Östlich von Česká Kamenice befindet sich ein langgestrecktes Tal mit den alten
Glasindustriedörfern Kytlice (Kittlitz) und
Mlýny (Hillemühl). Ein kleines Stück von der Stadt
verengt sich das Tal zu einer tiefen Felsenschlucht zwischen dem Břidličný
vrch (Schieferberg) und Pustý zámek (Wüstes
Schloss), dessen Felsklippe mit der Ruine der Burg Fredevald
(Fredewald) als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Unweit von hier ragt der
aussichtsreiche Střední vrch (Mittenberg) aus
den Waldungen, unter dem sich dem Tale entlang das malerische Dorf Prysk
(Preschkau) schlängelt.
An der Strasse nach Chřibská (Kreibitz) liegt
die von einigen Bergen umgebene Sommerfrische Líska (Hasel);
der bekannteste dieser Berge ist der breit ausladende Studenec
(Kaltenberg) mit dem baufälligen berühmten Aussichtsturm auf dem Gipfel und
der unter Naturschutz stehende Zlatý vrch (Goldberg)
mit dem einzigartigen Beispiel eines in langen Säulen abgesonderten Basaltes.
Nicht weit vom Sattel U Křížového buku (An der
Kreuzbuche) ist das Naturdenkmal Líska (Hasel,
Dorflehne) mit einem ungewöhnlich ausgedehnten Bestand der Mondviole. Nördlich
von Česká Kamenice liegen die Dörfer Kunratice (Kunersdorf),
Lipnice (Limbach) und Studený
(Kaltenbach), der nahe Větrný vrch (Ottenberg)
bietet eine schöne Aussicht auf die Böhmisch-Sächsische Schweiz.
Westlich von der Stadt fliesst das Flüsschen Kamenice (Kamnitzbach) durch Janská
(Jonsbach) nach Srbská Kamenice (Windischkamnitz), über welchem sich der mächtige
Basaltkegel des Růžovský vrch (Rosenberg) erhebt. Im nahen Dorf Stará Oleška
(Alt Ohlisch) ist ein beliebtes Erholungszentrum am Olešský rybník (Ohlischer
Teich). Nördlich von Srbská Kamenice dehnt sich die dicht bewaldete Landschaft
der Böhmischen Schweiz mit den touristischen Anziehungspunkten der Felsenstädte
bei Jetřichovice (Dittersbach), den romantischen Schluchten des Kamenice-Flüsschens
(soutěsky říčky Kamenice - Edmundsklamm, Stille Klamm) und der einzigartigen
Pravčická brána (Prebischtor) oberhalb von Hřensko (Herrnskretschen) aus.