Kunratice bei Česká Kamenice
(Kunersdorf)
Kunratice (Kunersdorf) liegt im verbreiteten Tale des Bystřička-Baches (Johnsbach, Weissbach) etwa 2 km nördlich von Česká Kamenice an der Starsse nach Dolní Chřibská. (Nieder Kreibitz) Zur Gemeinde gehören auch die Ansiedlungen Lipnice (Limpach) und Studený (Kaltenbach), mit denen sie am 1. Januar 2018 insgesamt 252 Einwohner hatte.
Geschichte

Blick auf das Dorf vom Hang des Kunratický vrch (Elisberg). Hinter dem Dorf befindet sich der Větrný vrch (Ottenberg).
Foto: Jiří Kühn.
Kunratice (Kunersdorf) wurde vermutlich schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet, wurde aber erstmals 1380 im Stadtbuch von Českokamenice unter dem Namen Cunradstorf schriftlich erwähnt, wahrscheinlich abgeleitet von dem Namen des Lokators Konrad. Der deutsche Name Kunnersdorf setzte sich im 17. Jahrhundert durch.
Von Anfang an gehörte das Dorf zur Herrschaft Scharfenstein, deren Sitz, die Burg Ostrý (Scharfenstein), in der Nähe von Benešov nad Ploučnicí (Bensen) stand. Das Gut befand sich zunächst im Besitz der Familie Michalovice, die es 1406 an Heinrich Berka von Dauba verkaufte. Ab 1428 gehörte das Gut den Wartenbergs, 1511 kaufte es Mikuláš Trčka von Lípa und 4 Jahre später erwarb es die Familie Salhausen aus Meißen. Im Jahr 1535 wurde der Kamnitzer Teil der Herrschaft als Mitgift an Anna von Salhausen gegeben, die Prokop von Wartenberg heiratete, wodurch die Herrschaft Kamnitz endgültig von Scharfenstein getrennt wurde. Im Jahre 1614 wurde das Gut der Wartenberger von der Familie Kinský erworben, in deren Besitz es bis zur Verwaltungsreform von 1850 verblieb.

Gasthaus in der Mitte des Ortes.
Foto: Jiří Kühn.
Von Beginn an hatte das Dorf einen eigenen Dorfrichter, zu dessen Besitz auch das älteste Gasthaus gehörte. Bereits 1478 gab es im Dorf eine Getreidemühle, die jedoch den Dreißigjährigen Krieg nicht überdauerte und 1698 wieder aufgebaut wurde. Im Jahr 1654 hatte Kunratice 23 Bauernhöfe und 12 Häuser. 15 Jahre später waren es 236 Einwohner. Auch der Lehrer Lorenz Hickisch war hier ansässig. Die Menschen lebten hauptsächlich von Ackerbau, Viehzucht und Waldarbeit, einige verdienten sich mit Spinnen und Flachsverarbeitung etwas dazu. Die reicheren Bauern handelten mit Vieh und 4 Bauern betrieben ein Fuhrgeschäft. Da die Landwirtschaft nicht rentabel war, wuchs Ende des 17. Jahrhunderts die Zahl der Häusler, die ihren Lebensunterhalt mit verschiedenen Handwerksberufen sowie mit Heimspinnerei, Strickerei, Weberei und Glasveredelung bestritten. Später entwickelte sich auch die Garnherstellung, die Bleicherei und die Strumpfwirkerei.
Während des Siebenjährigen Krieges kam es im Juli 1757 in der Gegend zu heftigen
Kämpfen zwischen österreichischen und preußischen Truppen, an die noch heute Denkmäler
in Studený (Kaltenbach) und unterhalb des
Zlatý vrch (Goldberg) bei
Líska (Hasel) erinnern. Auch im Bayerischen
Erbfolgekrieg von 1778 blieb die Bevölkerung nicht von Beschlagnahmungen und Plünderungen
verschont.
Im Jahre 1793 hatte Kunratice 75 Häuser mit 425 Einwohnern. Es gab einen Metzger,
einen Schneider, einen Küfer, 2 Maurer, 2 Zimmerleute, einen Leinenweber,
8 Strumpfwirker, 25 Flachsspinner und 14 fahrende Händler. Mindestens
seit 1771 besaß das Dorf ein Schulgebäude, das aber 1838 für die Kinder nicht mehr
ausreichte, so dass die Gemeinde ein weiteres Haus errichtete. Die höchste
Einwohnerzahl hatte Kunratice im Jahr 1869 mit 564.
Nach 1874 baute Anton Michel in Kunratice eine mit Wasserkraft betriebene Garnspinnerei. Mit der Entwicklung der Textilindustrie ging die einheimische Produktion allmählich zurück und die Menschen waren gezwungen, in Fabriken in Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) zu arbeiten. Ab 1913 gab es in Kunratice Elektrizität und 1932 wurde ein Wasserleitungsnetz erbaut. Ab dem 1. September 1925 wurde eine neue Schule im Zentrum des Dorfes für die Kinder eingerichtet.

Die Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk mit dem Schulkreuz auf dem Dorfplatz. Im Hintergrund ist das Pension Laguna zu sehen.
Foto: Jiří Kühn.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beerdigten die Kunratitzer Familien ihre Toten in Česká Kamenice. Ab 1900 nutzten sie den neuen Friedhof in Líska. In den 1920er Jahren legten sie einen eigenen Friedhof im Wald oberhalb des Dorfes an, wo auch ein Denkmal für 21 einheimische Gefallene des Ersten Weltkriegs errichtet wurde. Nach 1945 lag der Friedhof brach und wurde nach und nach zerstört.
Kunratice blieb bis zum Zweiten Weltkrieg ein bäuerliches Dorf, in dem es neben 24 Bauernhäusern nur noch eine Getreidemühle und eine Schlosserwerkstatt gab. Im Jahr 1939 gab es noch 102 Häuser mit 492 Einwohnern. Nach dem Krieg wurden die ursprünglichen deutschen Einwohner zwangsumgesiedelt und durch neue Siedler aus dem Landesinneren ersetzt. Diese waren jedoch zahlenmäßig gering, so dass Kunratice im Jahr 1950 nur noch 264 Einwohner hatte. Viele Häuser standen leer, und etwa 30 von ihnen wurden später abgerissen. Im November 1950 wurde eine Landwirtschaftliche Genossenschaft gegründet, die jedoch nur mit Mühe geführt werden konnte und im Oktober 1961 in einen Staatsbetrieb integriert wurde. Im Jahr 1965 wurde Kunratice mit den Gemeinden Lipnice (Limpach), Studený und Líska zusammengelegt und 1981 mit diesen nach Česká Kamenice eingemeindet. Im Jahr 1975 wurde die örtliche Schule geschlossen. 1987 wurde das Schulgebäude in einen Kindergarten umgewandelt, aus dem nach 1991 die Penzion „Laguna“ hervorging. Seit dem 1. Januar 1992 bilden Kunratice und die Ortschaften Lipnice und Studený wieder eine eigenständige Gemeinde.
Denkmäler und Merkwürdigkeiten
Im Dorf sind mehrere schöne volkstümlichen Häusern erhalten, z. B. das zweistöckige Fachwerkhaus mit Unterbau „Na kovárně“ (Auf der Schmiede) in der Dorfmitte oder im östlichen Teil des Dorfes das denkmalgeschützte zweistöckige Fachwerkhaus Nr. 46 mit Unterbau, einem Pavillon und einer Holzscheune aus dem Jahr 1747. Nicht weit davon entfernt befindet sich ein schönes gemauertes Gasthaus mit angeschlossenem Tanzsaal.

Einstöckiges Haus in Blockbauweise, genannt Na kovárně (Auf der Schmiede).
Foto: Jiří Kühn.

Denkmalgeschütztes Fachwerkhaus Nr. 46.
Foto: Jiří Kühn.

Statue des hl. Johann von Nepomuk von 1719.
Foto: Jiří Kühn.
In Kunratice gab es früher einen Glockenturm, und es sind mehrere Statuen und Kreuze erhalten geblieben. Im unteren Teil von Kunratice, bei der Brücke über den Bach, steht eine Säule mit einer Statue des Heiligen Johannes von Nepomuk, die 1719 von Elias und Dorothea Aschler errichtet wurde. Ende des 20. Jahrhunderts blieb nur ein niedriger Steinsockel mit drei Reliefs übrig, der 2018 restauriert und im darauffolgenden Jahr durch eine neue Statue ergänzt und am 18. Mai 2019 geweiht wurde. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Schulkreuz mit der Jahreszahl 1875, das nach der Renovierung am 25. Juni 2016 gesegnet wurde. An der Seitenstraße am nordwestlichen Rand des Dorfes befindet sich das schöne Zeckertkreuz, das an der Stelle errichtet wurde, an der am 14. November 1766 der Vogt Christian Zeckert aus Studený (Kaltenbach) nach einem Sturz vom Pferd starb. Auch dieses Kreuz verfiel nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde aber 2018 restauriert und am 14. November gesegnet.
Hinter dem Dorf, in einer scharfen Kurve der Straße nach Chribská (Kreibitz), hatte der Landwirt Josef Zeckert im Jahre 1811 die Bauerkapelle erbaut, die jedoch nach dem 2. Weltkrieg vollständig zerstört wurde. Im Herbst 2023 ließ der Verein Pod Studencem in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dank der großzügigen Unterstützung einer Reihe privater Sponsoren eine Nachbildung der ursprünglichen Kapelle errichten und mit Gemälden von Michal Janovský ausschmücken. Die restaurierte Kapelle wurde am 11. Mai 2024 vom Generalvikar der Diözese Litoměřice (Leitmeritz), Martin Davídek, zusammen mit Josef Jaroš vom Dekanat Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) und Richard F. Vlasák von der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder gesegnet.

Schulkreuz auf dem Dorfplatz.
Foto: Jiří Kühn.

Die Bauerkapelle in der Biegung der Straße nach Chribská (Kreibitz).
Foto: Jiří Kühn.
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung
Das Dorf Kunratice (Kunersdorf) dehnt sich nicht weit nördlich von der altertümlichen, am Fusse des Zámecký vrch (Schlossberg) liegenden Stadt Česká Kamenice aus. Südlich des Ortes ragt der Kunratický vrch (Elisberg, Eliasberg) empor, hinter dem in den Wäldern früher ein gepflegter Naturpark geschaffen worden ist, der die Aussichtsfelsen Jehla (Nolde), Ponorka und Žába (Grosser und Kleiner Brand) und den Bratrský oltář (Brüderaltar), von dem heute leider nur noch klägliche Überreste zu sehen sind, einschloss. An der Strasse nach Česká Kamenice ist die Ortschaft Pekelský důl (Höllegrund) mit einer unter Naturschutz stehenden blumenreichen Wiese, nach Osten führt ein Fahrweg in das malerische Dorf Líska (Hasel), das unterhalb des Zlatý vrch (Goldberg) mit seinem beachtenswerten Basaltsteinbruch liegt. Nördlich von diesem Wege breitet sich der felsige Lipnicky vrch (Himmertsberg) aus, aus dem nach Westen ein wenig auffälliger Kamm über den Skalka (Rolleberg) zum wegen seiner schönen Aussicht auf die sog. Böhmisch-Sächsische Schweiz berühmten Větrný vrch (Ottenberg) hinausläuft. An der Strasse nach Chřibská (Kreibitz) liegen die Dörfer Lipnice (Limpach) und Studený (Kaltenbach), hinter denen sich das breit auslagernde Massiv des Studenec (Kaltenberg) mit seinem geschützten Buchenwalde und seinem altehrwürdigen, jetzt vom Einsturz bedrohten eisernen Aussichtsturm herausragt. Vom Nordwesten reichen zwischen die beiden Dörfer die Ausläufer des tiefeingeschnittenen Tales Pavlínino údolí (Paulinengrund) herein, in dem der Chřibská Kamenice-Bach (Kreibitzbach) seinen Lauf nach Westen nimmt. Nördlich von Studenec-Berg liegt der dichtbewaldete Bukovina (Buchhübel), an dessen Nordwest-Fusse an der Strasse nach Chřibská (Kreibitz) die frühere Einschicht Na Potokách (Bachhäusel) mit den Überresten eines beachtenswerten, durch zwei Tunnele und über eine den Kamnitzbach überschreitende Brücke geführten Mühlgrabens liegt.
