Dolní Kamenice
(Nieder Kamnitz)

Häuser mit dem Gasthaus „U Slunce“ an der Straße nach Janská.
Foto: Jiří Kühn.
Dolní Kamenice (Nieder Kamnitz) liegt westlich von Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz), zu welchem es inzwischen eingemeindet ist. Die Siedlung entwickelte sich am Rande des ursprünglichen Ortes Kamenice (Kamnitz), dessen zentraler Teil in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Stadt erhoben wurde. Im Jahr 1416 wurde sie erstmals namentlich erwähnt, und wahrscheinlich auch im Stadtbuch von Kamenice vom Ende des 14. Jahrhunderts. Möglicherweise gab es im Dorf bereits im 15. Jahrhundert ein Gut, aus dem Graf Filip Kinský 1730 ein großes Gehöft mit drei Getreidespeichern, zwei Kuhställen, einem Ochsenstall, zwei Schweineställen, einer Scheune, einem Heuboden und Schuppen zur Lagerung von Milch und Käse errichten ließ. Zum Gut gehörten auch ein Teich und ein im Norden gelegener Schafstall.
Seit 1648 hatte die Siedlung eine eigene Gerichtsbarkeit, zu der auch Horní Kamenice (Ober Kamnitz) gehörte. Im Jahre 1713 gab es in Dolní Kamenice nur 15 Häuser. Erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts begann das Dorf stärker zu wachsen. Zu dieser Zeit war die Herstellung von Garn, Leinen weit verbreitet und es gab auch eine Garnbleiche. Allmählich setzte sich die Strumpfherstellung durch. Im Jahr 1784 gab es in Dolní Kamenice bereits 2 kleine Strumpfmanufakturen.
Um 1785 hatte Dolní Kamenice 58 Häuser und wurde 1849 zu einem eigenständigen Dorf, zu dem die benachbarten Siedlungen Filipov (Philippsdorf) und Huníkov (Henne) hinzukamen. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gehöft von mehreren Bränden heimgesucht und brannte 1907 vollständig ab. Da die Landwirtschaft nicht sehr ertragreich war, wurden die Ländereien des Gutes bereits vor Ende des 19. Jahrhunderts parzelliert und an Interessenten verpachtet.
Die Ausdehnung des Dorfes in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist vor allem auf die Entwicklung der Industrie zurückzuführen. Bereits 1843 wurde hier die Glasfirma von Franz Büchse erwähnt. Im Jahr 1845 gründete Anton Kasper hier eine Wollspinnerei. Später verlegte Wenzel Böhm eine Baumwollspinnerei aus Horní Kamenice hier her. Die anderen 1855 und 1857 gegründeten Spinnereien wurden später von der Firma von Franz Knappe übernommen, die bis zu 700 Personen beschäftigte und damit zum wichtigsten Industriebetrieb des Ortes wurde. 1860 nahm Franz Preidl die erste der Rabštejner (Rabstein) Spinnereien in Betrieb, 1864 baute er zwei weitere in Kamenická Nová Víska (Kamnitzer Neudörfel) und 1867 in Janská (Jonsbach). Zu dieser Zeit gab es in Dolní Kamenice 77 Häuser mit 591 Einwohnern. Im Jahre 1894 wurden Horní und Dolní Kamenice an das neu errichtete Wasserversorgungssystem in Česká Kamenice angeschlossen.
Im Jahr 1910 lebten bereits 1064 Einwohner in Dolní Kamenice. Im Juli 1943 wurde das Dorf zusammen mit Horní Kamenice zu Česká Kamenice eingemeindet, zu dem es bis heute gehört. Am 1. Januar 2011 hatte Dolní Kamenice 1102 Einwohner.

Das denkmalgeschützte Haus Nr. 52.
Foto: Jiří Kühn.
In der Siedlung sind noch mehrere regional-typische Wohnhäuser erhalten. Das denkmalgeschützte Haus Nr. 52 ist ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit einem Umgebinde, einem Pavillon, schiefergedeckten Giebeln und einem Mansarddach aus dem Jahr 1782. Auf der rechten Seite der Straße nach Janská befindet sich an der Abzweigung ins Rabštejn-Tal eine in den Fels gehauene Barocknische aus dem Jahr 1702, und im Tal, etwa einen Kilometer weiter, steht ein Denkmal, das an das ehemalige Konzentrationslager Rabštejn erinnert.
Zwei monumentale Bäume wachsen in der Nähe der Hauptstraße nach Děčín (Tetschen). Im Garten des Hauses Nr. 22 steht eine 16 m hohe, kleinblättrige Linde. Etwa 300 m weiter ragt aus einer wilden Baumgruppe die 22 m hohe Preidl-Esche heraus, die auf ein Alter von 150 Jahren geschätzt wird.

Gedenklinde in der Siedlung.
Foto: Jiří Kühn.