Rabštejnské údolí
(Rabsteiner Tal)

Der Name Rabštejn (Rabstein) bezeichnete ursprünglich einen im Tal der Kamenice zwischen Kamenická Nová Víska (Kamnitzer Neudörfel) und Jánská (Jonsbach) stehenden Felsen. Als er aber um die Mitte des 19. Jahrhundert abgebrochen wurde, ging dieser Name auf den umgebenden Wald über und später wurde das ganze, manchmal auch als "Rabštejnské Švýcarsko" (Rabsteiner Schweiz) bezeichnete Felsental so genannt.

Um die Mitte des 19. Jahrhundert baute hier der Industrielle Franz Preidl aus Česká Kamenice Fabriken zur Herstellung von Baumwoll- und Leinenstoffen, die dann als Rabsteiner Spinnereien bekannt wurden. Die erste, die in der Nähe der früheren Lochmühle in Kamenická Nová Víska erbaut wurde, begann im Herbst 1860 zu arbeiten, die zweite entstand 1862-1864 ungefähr in der Mitte des Tales und die dritte wurde von Preidl 1867 bei Janská in Betrieb genommen. Sie blieben lange Zeit die wichtigsten Fabriken der weiten Umgebung und so ist es nicht verwunderlich, dass man, als 1869 die Eisenbahn von Děčín nach Varnsdorf gebaut wurde, ihre Trasse so nahe wie möglich an dieses Tal führte und hier den Bahnhof Rabstein (heute Veselé pod Rabštejnem) erbaute.

Nach dem Tode Franz Preidels (28.8.1889) übernahm das Unternehmen sein Neffe Emanuel Karsch, der es weiter ausbaute. 1901 gründete er an der Stelle der ausgebrannten Lochmühle ein Elektrizitätswerk und drei Jahre später eröffnete er neben der Spinnerei bei Janská die Gaststätte "Zur Rabsteiner Schweiz", die auch als Betriebsreastaurant diente. Die Firma entfaltete sich erfolgreich bis zum 1. Weltkrieg, aber nach 1918 kam die Produktion in Absatzschwierigkeiten und in der Wirtschaftskrise von 1931 wurde die Arbeit der Spinnereien eingestellt. Später, aber erst im Jahre 1940 gelang es, die Produktion in beschränktem Ausmasse wieder aufzunehmen, aber nur bis Ende 1941. Im Oktober 1942 wurde der ganze Fabrikskomplex zu Kriegszwecken beschlagnahmt und der Firma Weser Flugzeugbau G.m.b.H. Bremen zugeteilt, deren Produktionsstätten in Deutschlad immer öfter zum Ziel der Luftangriffe der Verbündeten wurden. Um die Jahreswende 1942/43 wurden die Gebäude umgebaut und in ihnen die Herstellung von Junkers-Flugzeugkomponenten aufgenommen.
Anfang 1944 entschied man sich zur Erweiterung der Produktion und zu ihrer teilweisen Verlagerung unter die Erde. Im März begann also der Aufbau neuer Montagehallen und zugleich wurden drei Stollensysteme in Angriff genommen. Bis zum Kriegsende gelang es allerdings nur etwa ein Fünftel der geplanten Produktionsräume fertigzustellen und nur ein kleiner Teil wurde so mit Maschinen ausgestattet, das dort die Produktion aufgenommen werden konnte.

Da der Bau und der Betrieb des Werkes viele Arbeitskräfte benötigte, wurde Ende Sommer 1943 an der Strasse nach Česká Kamenice ein Neu-Bremen genanntes Arbeitslager mit 20 Holzbarracken errichtet und seit Frühjahr 1944 wurden hier auch Kriegsgefangene eingesetzt. Nur wenig später wurde neben dem Arbeitslager Neu-Bremen auch ein KZ eingerichtet, das dem bayerischen KZ Flossenbürg untergeordnet war. In ihm standen eine ebenerdige und 2 einstöckige Barracken, eine Küchen- und eine Krankenbarracke; die ganze Fläche war mit zwei Stacheldrahtzäunen umgeben und aus 3 Wachtürmen in den Ecken überwacht. Ausserhalb der Umzäunung stand noch die Wachstube, die Unterkunft der Wachmannschaft und der Hundezwinger. Das Lager wurde Ende August - Anfang September fertiggestellt, und es wurden 690 Häftlinge aus den KZ-Lagern Dachau und Flossenbürg hierher überführt. Rabštejn war zwar kein Liquidationslager, aber die Häftlinge litten unter der schweren Arbeit, der schlechten Verpflegung und den unzureochenden hygienischen Verhältnissen, so dass ungefähr 60 von ihnen hier starben. Nach dem Kriege wurde es zu einem Internierungslager für Mitglieder nazistischer Organisationen, deren hier ungefähr 700 bis 1000 zusammengeführt worden sind; mehr als 90 von ihnen haben die Bedingungen im Lager nicht überlebt. Nach der Auflassung des Internierungslagers am 11.4.1946 diente das Lager als Sammelstelle der verjagten Sudetendeutschen aus der Umgebung; endgültig wurde das Lager erst am 25. September 1946 geschlossen.

Der Rabsteiner Betrieb zur Herstellung von Flugzeugkomponenten wurde nach dem Kriege verstaatlicht, aber weil es nicht gelang, eine Friedensproduktion einzuleiten, wurde er im März 1946 geschlossen und die ganze Ausstattung nach und nach verkauft und weggeführt. Zwischen 1947 und 1951 wurden einige Objekte zur Lagerung von Getreide oder Gemüse verwendet und zu Beginn der 50er Jahre wurden die unterirdischen Räumlichkeiten zu einem Zentrallager für Pioniermunition hergerichtet. Die nicht fertiggestellten unteririschen Stollen wurden damals bautechnisch fertiggestellt, die übrigen Stollen zugemauert. Um 1957 bis 1962 wurde der westliche Teil des Stollenkomplexes bei Janská zu einem Armee-Treibstofflager eingerichtet, der östliche Teil wurde nach 1968 der Sowjetarmee zur Nutzung überlassen. Nach dem Abzug der Sowjetarmee in den 90er Jahren wurden die meisten Objekte nicht mehr genutzt. Die Gebäude der Spinnereien wurden eins nach dem anderen abgerissen, in den Stollen wurde vorübergehend Gemüse gelagert oder Champignons gezüchtet. Erst nach 2000 wurde der grösste, westliche Teil der Stollen in Janská durch die Bemühungen einiger Enthusiasten als Museum zugänglich gemacht.

An der Stelle des ehemaligen Konzentratioslagers wurde nach 1946 ein Holzkreuz mit einer Dornenkrone aufgestellt und 1959 bauten die Soldaten der Besatzung in Janská ein steinernes Mahnmal, das am 10. Oktober 1959 feierlich enthüllt wurde. Im Mai 1959 wurde im Objekt der ehemaligen Wachstube eine Museumsausstellung eingerichtet, die hier bis zum Beginn der 80er Jahre des 20. Jh. blieb und dann in das Museum in Děčín überführt wurde. Nach 1989 wurde die verwahrloste Wachstube abgerissen und später wurden auch ihre letzten Reste entfernt; nur die Grundrisse der Lagerbarracken sind aber auch heute noch sichtbar. Das steinerne Mahnmal steht auch noch und seit 2005 steht neben ihm eine neue, den Opfern des Konzentrations- und Internierungslagers gewidmete Gedenktafel.

Weitere Informationen

Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Petr Kühn.