Horní Sedlo
(Pass)

Horní Sedlo (Pass) ist eine kleine Sommerfrische, die am Abhange unter dem Gebirgssattel zwischen dem Kamme Hřebeny (Passer Kamm) und dem Ostrý vrch (Spitzstein), etwa 3,5 km südlich von Hrádek nad Nisou (Grottau) liegt. Ursprünglich hiess die Gemeinde Sedlo (Pass), als Horní Sedlo begann man sie erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu bezeichnen, als die tieferliegende Gemeinde Spittelgrund auf Dolní Sedlo (=Nieder-Pass) umbenannt wurde. Heute sind beide Gemeinden Teile von Hrádek nad Nisou.

Das Gründungsjahr der Gemeinde ist unbekannt, die erste schriftliche Erwähnung stammt von 1628, als sie zur Herrschaft Grabštejn (Grafenstein) gehörte. Die ersten Häuser an der alten, von Jablonné v Podještědí (Deutsch-Gabel) nach Hrádek nad Nisou (Grottau) führenden Strasse haben wahrscheinlich Holzhauer gebaut. Als im Jahre 1727 die Grafensteiner Herrschaft hier ein Gasthaus baute, standenr bereits 6 Häuser und bis 1788 stieg die Zahl der Häuser auf neun. Erst am Anfange des 19. Jahrhunderts begann die Gemeinde zu wachsen, und 1834 zählte sie bereits 23 Häuser. Ihre Einwohner hatten ihren Lebensunterhalt zum grössten Teile aus Waldarbeit und Holzhandel, und im 19. Jahrhundert verbesserten sie ihre Situation auch durch Paschen über die Grenze.
Schon zu mittelalterlichen Zeiten verbargen sich in den hiesigen Wäldern auch Räuber, die hier sogar noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der sie ihren Hauptsitz in dem hiesigen Gasthause hatten, ihr Unwesen trieben.

Der Weg über des Sattel bei Horní Sedlo (Pass) wurde auch in Kriegszeiten benutzt. Im Jahre 1766 errichteten hier die Preussen Schanzen und 1778 vergruben sich hier noch einmal. Den strategischen Wert des Passes beweist auch, dass bei seinen Inspektionsreisen durch Nordböhmen in den Jahren 1766, 1778 und 1789 Kaiser Josef II. auch diese Gegend besichtigte. Im Jahre 1866 zogen hier wiederum die Preussen durch und auch die polnischen Abteilungen des Fürsten Poniatowski benutzten diesen Pass in den napoleonischen Kriegen im Juni 1813.

Im Jahre 1909 bekam die Gemeinde eine Wasserleitung und im Februar 1923 wurde sie an das Stromnetz angeschlossen. Um das Jahr 1919 wurde gegenüber der Kapelle die Gaststätte U Krásné vyhlídky (Zur schönen Aussicht) gebaut. Die weitere Entwickung der Gemeinde wurde aber durch die Wirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Vor dem Beginn des Krieges in den Jahren 1937 und 1938 wurden in der hiesigen Umgebung Bunker der Grenzbefestigung gebaut. Nach der Unterzeichnung des Münchener Diktates im September 1938 verloren diese Befestigungen ihren Sinn und wurde niemals benutzt. Nach dem Zweiten Weltkriege wurde der Grossteil der ursprünglichen deutschen Einwohner ausgesiedelt und die Ansiedlung wurde menschenleer. Heute dient sie hauptsächlich der Erholung und wird oft auch von Bergsteigern besucht, die auf den nahegelegenen Felsen Horní skály (Oberwegsteine) und Vraní skály (Rabensteine) klettern, die über den romantischen Weg "Stezka horolezců" (=Bergsteigerpfad) leicht zugänglich sind.

Im Sattel neben der Strasse steht eine kleine Kapelle mit quadratischem Grundriss, die um das Jahr 1739 von der Familie Andersch aus Dolní Sedlo (Spittelgrund) gebaut worden ist. Das Türmchen auf dem Dache wurde bei ihrer Rekonstruktion im Jahre 1890 errichtet. Später wurde die Kapelle noch 1931 restauriert, nach dem Zweiten Weltkriege verfiel sie langsam, so dass von ihrer Innenausstattung fast nichts übriggebleiben ist. Erst 2003 wurde mit dem Wiederaufbau der Kapelle begonnen, der am 15. Dezember 2006 mit der Einweihung abgeschlossen wurde. Hinter der Kapelle steht ein Betonbunker der Grenzbefestigung aus dem Jahre 1938.
Das grösste Gebäude der Gemeinde war das ehemalige herrschaftliche Hegerhaus von 1900, das an der Wegabzweigung nach Dolní Suchá (Nieder Berzdorf) stand. Ein weiteres bedeutendes Gebäude war das 1726 bis 1727 gebaute herrschaftliche Gasthaus. Die Grafensteiner Herrschaft verkaufte später das Gasthaus und der neue Wirt bekam dazu viele Privilegien. Er durfte z. B. frei Haustiere schlachten, Brot backen und Bier, das ihm kostenlos aus der gräflichen Brauerei zugeführt wurde, ausschenken, er durfte sich kostenlos jährlich 12 Klafter Brennholz aus dem Walde holen und hatte auch Feld und Wiese zum Heumachen zur Verfügung. Die Gaststätte war bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts im Schwunge, bis sich in ihr auf eine gewisse Zeit Räuber festsetzten, aber am Ende des 19. Jahrhundert war sie wieder sehr beliebt. Dazu trug nicht nur der Aufschwung des Tourismus und die günstige Lage der Gaststätte bei, sondern auch die Gerüchte über die Räuber und Pascher. Nach dem Zweiten Weltkriege wurde die Gaststätte geschlossen und später abgerissen. Das zweite Gasthaus "Zur schönen Aussicht" besteht noch, dient aber schon lange anderen Zwecken.
Vom oberen Teile der Gemeinde am Abhange des Hřebeny (Passer Kamm) ist eine weite Aussicht nach Norden in das Tal der Lužická Nisa (Lausitzer Neisse) mit Hrádek nad Nisou (Grottau), Grabštejn (Grafenstein) und dem deutschen Zittau, auf die entfernten Berge der Oberlausitz und die polnischen Kohlengruben mit dem Kraftwerk Turów.

Weitere Informationen

Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Petr Kühn.