Loučná
(Görsdorf)

Loučná (Görsdorf) liegt am linken Ufer der Neiße zwischen Donín (Dönis) und dem deutschen Hartau, etwa 1 km südwestlich von Hrádek nad Nisou (Grottau), zu dem es heute gehört. Im Jahr 2017 hatte es 1.076 ständige Einwohner. Das Dorf wurde wahrscheinlich von sächsischen Einwanderern während der Kolonialisierung im 13. Jahrhundert gegründet, ebenso wie das benachbarte Donín. Erstmals schriftlich erwähnt wird der Ort jedoch als Gersdorf in einer Urkunde vom 6. Februar 1454. Der Name wurde wahrscheinlich von einem Lokator namens Gerhard abgeleitet und wurde später zur deutschen Form Görsdorf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Name Gerštorf noch einige Zeit verwendet, bis er um 1947 durch den neu geschaffenen Namen Loučná ersetzt wurde.

Vor dem Dreißigjährigen Krieg gab es in Loučná zusammen mit Donín 49 Gehöfte, deren Bewohner hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig waren. Während des Krieges wurde die Region von den sächsischen und schwedischen Armeen verwüstet, vor denen die Menschen mit ihren Familien und ihrem Vieh in die Wälder flohen. Nach dem Krieg bemühte sich der Adel um einen raschen Wiederaufbau der zerstörten Ländereien, oft um den Preis einer sehr hohen Arbeitsbelastung für die Leibeigenen. Dies löste jedoch Bauernaufstände aus, von denen der größte im Jahr 1680 stattfand. Im Jahr 1786 zählte Loučná bereits 48 Häuser. Das Dorf verschmolz allmählich mit Donín und Hrádek. Der administrative Zusammenschluss fand jedoch erst im Januar 1950 statt.

Das Gelände der ehemaligen Textilfabrik Leitenberger am rechten Ufer der Neiße zu sehen.
Das Gelände der ehemaligen Textilfabrik Leitenberger am rechten Ufer der Neiße zu sehen.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Verwaltung des Dorfes durch den Ortsvorsteher wahrgenommen, dem das später abgerissene Gasthaus Nr. 41 gehörte. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1850 wurde Loučná kurzzeitig mit Donín zusammengelegt, aber 17 Jahre später wurden die beiden Dörfer wieder unabhängig. Im Jahr 1869 zählte Loučná 633 Einwohner und die Gemeinderäte überlegten, gemeinsam mit Donín eine neue Schule zu bauen. Als der Großkaufmann Franz Richter von Leitenberger ihnen jedoch 500 Goldstücke für den Bau anbot, beschlossen sie, ihre eigene Schule zu errichten, deren Grundstein im September 1876 gelegt wurde. Sie wurde zwei Jahre später eröffnet. Zunächst hatte sie nur zwei Klassen, doch mit der wachsenden Zahl der Kinder musste sie erweitert werden. Um die Jahrhundertwende reichten selbst 5 Klassen nicht mehr aus, und ein Teil der Schule musste in das Haus Nr. 321 verlegt werden. Zu dieser Zeit hatte Loučná 222 Häuser und die Zahl der Einwohner stieg auf 2300. Von der Landwirtschaft lebten damals nur 11 Familien, die meisten anderen arbeiteten in Fabriken oder Braunkohlegruben.
Ende des 18. Jahrhunderts begann Graf Clam-Gallas mit der Erkundung von Lagerstätten minderwertiger Braunkohle. Bald darauf wurde in Loučná die erste Grube, Barborka, eröffnet. Bald kam die Grube František hinzu und später wurden weitere Gruben eröffnet. Im 20. Jahrhundert war der Bergbau jedoch nicht mehr rentabel und die Bergwerke wurden nach und nach geschlossen. Die am längsten genutzte Grube in Hrádek, die Grube Christian, in der ab 1952 Braunkohle im Tagebau abgebaut wurde, stellte 1972 ihren Betrieb ein. In der Nähe der gefluteten Grube befindet sich heute das Erholungsgebiet Kristýna.
Die größte Fabrik in Loučná war die Spinnerei mit Weberei der Firma Leitenberger, die 1868 am rechten Ufer der Neiße errichtet wurde. Im folgenden Jahr wurde die Produktion aufgenommen. Da das Unternehmen florierte, konnte es bereits 1878 erweitert werden. Eine weitere Textilfabrik war z.B. die 1880 gegründete Stofffärberei von Georg Elster in der Nähe des Grenzübergangs zu Hartau. Neben den Textilbetrieben gab es in Loučná auch eine Ziegelei, die Gießerei Klein und die chemische Fabrik von Grünberger und Seidel.

Ende Juli und Anfang August 1897 wurden die Dörfer im Neißetal von einer großen Überschwemmung heimgesucht, die erhebliche Schäden an Häusern und vor allem an den Fabriken entlang des Flusses verursachte. Auch die Braunkohlegruben wurden überflutet, und es dauerte mehrere Jahre, bis die durch das Hochwasser verursachten Schäden behoben waren. Im August 1902 erwarb die Gemeinde von Graf Franz Clam-Gallas ein Grundstück zum Bau einer neuen Schule, die im September 1904 eingeweiht wurde. Das imposante zweistöckige Gebäude mit großen Fenstern wurde zum schönsten Gebäude des Dorfes und diente auch nach dem Zweiten Weltkrieg als Unterrichtsgebäude. Heute beherbergt es einen Kindergarten und eine Sonderschule. Daneben wächst eine 25 Meter hohe monumentale Sommereiche, die auf ein Alter von 100-150 Jahren geschätzt wird.
1905 wurde die Leitenbergersche Fabrik von der Textilaktiengesellschaft Cosmanos übernommen, die zwei Jahre später die gesamte Fabrik renovierte und erweiterte. Damals waren dort über 1500 Mitarbeiter beschäftigt. Mit dem Ersten Weltkrieg ging die Produktion jedoch zurück. Während der Wirtschaftskrise im Jahr 1932 wurde das Werk vollständig geschlossen. Während des Zweiten Weltkriegs nutzte das deutsche Unternehmen Spreewerk-Spandau das Werksgelände für die Rüstungsproduktion, wofür zahlreiche Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in einem Arbeitslager untergebracht wurden, das bei den ehemaligen Braunkohlegruben nahe der Landesgrenze errichtet wurde.
Nach dem Krieg nahm das Werk die Maschinenbauproduktion wieder auf und begann später mit der Herstellung von Autoersatzteilen, Zahnrädern und Getrieben unter der Marke Praga. Nach 1989 wurde die Produktion fortgesetzt. Anfang der 1990er Jahre wurden einige der Gebäude instandgesetzt, so dass die Fabrik wieder zu den schönsten Industriegebäuden in der Gegend gehört. Nach 2002 wurde das Unternehmen jedoch geschlossen und im November 2006 von der Aktiengesellschaft ZPA Pečky aufgekauft. In späteren Jahren wurde eine Reihe ungenutzter Gebäude abgerissen. Die Gebäude der ursprünglichen Leitenberger-Fabrik stehen heute noch. Auch die baufällige Direktorenvilla von 1879 ist erhalten geblieben. Ein weiteres interessantes Beispiel für Industriearchitektur sind die Backsteingebäude der ehemaligen Färberei Georg Elster, die in der Nähe des Grenzübergangs zu Hartau stehen.

Die Backsteinbauten der ehemaligen Färberei von Georg Elster an der Straße nach Hartau.
Die Backsteinbauten der ehemaligen Färberei von Georg Elster an der Straße nach Hartau.

An einem Ort, der im Volksmund „Bažiny“ genannt wird, befindet sich unterhalb der Straße die Klingerquelle, die früher sehr schön angelegt war. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war sie noch für ihre gute Trinkwasserqualität bekannt. Heute ist ihr Wasser jedoch verschmutzt.

Der aus Liberec stammende Walther Wiener (1928-2020), ein bedeutender Ornithologe, Züchter und Experte für europäische und exotische Vögel, lebte seit seinem zehnten Lebensjahr in Loučná.

Weitere Informationen

Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Björn Ehrlich, März 2022.