Jedlová
(Tannenberg)

Die mächtige Phonolithkuppe Jedlová (Tannenberg, 774 m) ist der nach dem Luž (Lausche) und dem Pěnkavčí vrch (Finkenkoppe) dritthöchste Berg des Lužické hory-Gebirges (Lausitzer Gebirge). Sie hat ihren Namen nach dem undurchdringlichen Tannenwald, der sie noch im Jahre 1890 bedeckte. Heute wachsen hier keine Tannen mehr und die Wald-Überreste auf dem Gipfel sind stark von Industrie-Immissionen und den Schipisten an seinem Nordostabhange beschädigt. Das Schisportareal befindet sich in der Gemeinde Rozhled (Tollendorf).
Der untere Teil des Berges besteht aus Kreidesandsteinen, die hier früher als Bausteine gebrochen worden sind. Der grosse Sandsteinbruch ist bereits auf einem Karte der Wälder aus dem Jahre 1860 eingezeichnet und an der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigte der Steinmetzmeister Stephan Winkler bis zu 100 Arbeiter. Aus dem hier gebrochenen, sehr guten Sandstein wurde der Grossteil der Steintreppen und geschmückten Tür- und Fensterstöcke der älteren Häuser in der Umgebung von Jiřetín (St. Georgental) hergestellt, und angeblich wurde er auch nach Sachsen ausgeführt. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts war das Steinbrechen schon eingestellt und der verlassene Steinbruch wurde allmählich vom Wald überwachsen. An der Bruchwand in der Nähe eines der Eingänge in den Bruch ist bis heute ein Mädchenporträt zu erkennen, das hier wahrscheinlich einer der Steinmetzen eingehaut hat. Gegenwärtig ist der Boden des Bruches mit seinen Terrassen, Steinhalden und seichten Vertiefungen ein für einige seltene Pflanzen und Tiere geeigneter Standort. Auf schattigen Stellen kommt der Rippenfarn und die Tannen-Teufelsklaue vor, im feuchten moorigen Boden wächst der geschützte Sumpfporst und der Rundblättrige Sonnentau. Von selteneren Tierarten kommen hier die Erdkröte, der Grasfrosch, der Moorfrosch, der Teichmolch, der Gebirgsmolch vor, sonnenbestrahlte Stellen sucht gern die Kreuzotter und die Waldeidechse auf.

Jedlová wurde als eine der schönsten Rundsichten des Lužické hory (Lausitzer Gebirge) berühmt. Die Besucher des Aussichtsturmes können die einzigartige Rundsicht auf das Panorama des Lužické hory (Lausitzer Gebirge), der Sächsisch-Böhmischen Schweiz, des Šluknvsko (Schluckenauer Ländchen) und auf die deutsche Lausitz auskosten. Im guten Wetter sieht man auch noch den Ještěd (Jeschken), Kozákov, Trosky, Bezděz (Bösig), Říp (Georgsberg) und den Děčínský Sněžník (Hoher Schneeberg), aber auch den weiter entfernten Kamm des Krušné hory (Erzgebirge), das České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge) mit dem Hazmburk (Hasenburg) und dem Milešovka (Milleschauer), die Hochfläche des Jizerské hory (Isergebirge) und den höchsten Gipfel Böhmens, die Sněžka (Schneekoppe) sehen. Weniger grossartige Aussichten kann man z. B. von der ehemaligen Terrasse am Start der Abfahrtspiste oder von dem rot markierten, der Höhenlinie parallelen Weg am Nordwestabhange des Berges möglich. Aus den historischen Nachrichten erfahren wir, dass im September 1779 im Rahmen seiner Inspektionsreise durch Nordböhmen auch Josef II. den Berg besuchte.

Zum touristischen Anziehungspunkt wurde der Jedlová-Berg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1887 markierten die Mitglieder des St. Georgentaler Gebirgsvereins für das nördlichste Böhmen den Wanderweg von Jiřetín (St. Georgental) auf den Gipfel des Berges und bauten 1888 an seinem Ostabhange eine Schutzhütte. Im gleichen Jahre schlug der Obmann dieses Gebirgsvereines Josef Menzel vor, auf dem waldbewachsenen Gipfel einen Aussichtsturm zu bauen. Sein Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen unter anderem auch deswegen, weil eine ganze Reihe der benachbarten Sektionen bereits ihren Aussichtsturm hatten. Mit dem Bau war auch Fürst Ferdinand Kinsky, der Besitzer der Herrschaft Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz), der ausserdem schon eine gute Erfahrung mit der Eröffnung eines Aussichtsturmes auf dem Studenec (Kaltenberg) hatte, einverstanden. Der Bau des grossartigen steinernen Turmes nach einem Projekt des Baumeisters Stoy aus Varnsdorf (Warnsdorf) wurde im September 1890 begonnen. Zum Mauerwerk wurde der anstehende Phonolith verwendet, nur zu den Gesimsen und Fensterrahmen wurden Ziegel hergeführt. Noch vor dem Winter gelang es den Maurern, den steinernen kreisförmigen Unterbau mit den Bögen fertigzustellen, auf dem im Laufe des folgenden Frühlings ein vierstufiger zylindrischer Turm mit der Aussichtsplattform in der Höhe von 23 m aufgebaut wurde. Über dem zinnengeschmückten Umgange erhob sich noch ein 6 m hohes Türmchen, das den Ausgang der Treppe verdeckte und dabei die schöne Form des Turmes abschloss. In seinem Gipfel brannte eine Luzerne, die zu einem Leuchtturm für die ganze Umgegend wurde. Der Aussichtsturm wurde feierlich am 14. September 1891 eröffnet, aber schon zwei Monate früher wurde das benachbarte Restaurant eröffnet, das Fürst Ferdinand Kinsky auf eigene Kosten neben dem Turm bauen liess. Das Haus hatte 10 Fremdenzimmer, eine touristische Unterkunft und einen grossen Saal, in dem sogar eine Orgel installiert war.

Der Jedlová-Gipfel war bis in den Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes und beliebtes Ausflugsziel. Im Jahre 1943 verliessen aber die letzten Einwohner das Restaurant und die verlassenen Bauten begannen zu verfallen. Seit dem Ende der 60er Jahre, als die Treppe im Turme einstürzte, war der Aussichtturm nicht mehr zugänglich und alle späteren Rekonstruktionsversuche blieben lange ohne Aussicht auf Erfolg. Erst im Oktober 1992 wurde ein Vertrag abgeschlossen mit der Baufirma Josef Krejčí aus Rumburk, die noch im Herbst dieses Jahres die Rekonstruktionsarbeiten einleitete. Unterstützt vom Gemeindeamt von Jiřetín und mit finanziellen Beihilfen der Städte und Gemeinden der Umgebung wurde der Aussichtsturm nach den erhaltenen alten Plänen neu hergestellt und konnte am 3. Juli 1993 zum zweiten Male feierlich eröffnet werden. Auf die Öffnung des benachbarten Restaurants, dessen Rekonstruktion vollständig in der Regie des Ehepaares Krejčí blieb, mussten die Besucher bis zum 18. August 1995 warten.

Vor dem Restaurant befindet sich ein Denkmal des deutschen Dichters Friedrich Schiller (1759-1805), den die Mitglieder des Gebirgsvereines für das nördlichste Böhmen zue Erinnerung an die hundertste Wiederkehr des Todestages des Dichters errichteten. Das Denkmal, das feierlich am 25. Juni 1905 enthüllt wurde, besteht aus 19 Stücken der für die Städte und Gemeinden, deren touristische Vereine sich am Aufbaue beteiligt hatten, charakterstischen Gesteine. In den grössten Block, der aus Šluknov (Schluckenau) stammt, war ein Bronzeoval mit einer Widmung eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde allerdings das Porträt des Dichters entfernt und das Denkmal wurde einigemale zerstört. Erst im Jahre 1996 wurde eine vollständige Rekonstrution durchgeführt, bei der das Denkmal mit einem neuen Medaillon aus Marmor mit Schillers Porträt und der Kopie der ursprünglichen Gedenktafel ausgestattet wurde. Das renovierte Denkmal wurde am 21. September 1996 feierlich enthüllt. Unweit des Denkmales befindet sich ein verdeckter Brunnen, der früher die einzige Wasserquelle für die hiesige Restauration war.

Im Oktober 1981 wurde neben dem Aussichtsturm das eiserne Gerüst eines Fernsehturmes und im Juli 1997 am Rande des Gipfelplateaus eine 49 m hohe Stahlkonstruktion eines neuen Radiokommunikationsturmes errichtet; beide haben leider die typische Silhuette des Jedlová-Berges stark beeinträchtigt.

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Text: Jiří Kühn; Übersetzung: Petr Kühn.